Kopfsalat vom 25. Januar 2020 im Thuner Tagblatt

Im Thuner Lerchenfeld gibt es seit kurzem eine «Leihbar», in der man Dinge ausleihen kann, die man nur selten benutzt. «Ausleihen statt kaufen und in den Müll schmeissen» lautet die dort praktizierte Alternative zur Konsum- und Wegwerfgesellschaft. So weit, so löblich. Noch ungleich komplizierter als mit Motorsägen, Waffeleisen oder Gummibooten verhält es sich jedoch mit Menschen. Wer hat denn heute noch Zeit, Kontakte oder Beziehungen zu pflegen? Und dann erst das Minenfeld verletzter Befindlichkeiten beim möglichen Gegenüber.

Wie überaus praktisch wäre da eine «Leihbar» mit Menschen. Schliesslich ist man immer wieder in Situationen, in denen man sich sagt: «Heute brauche ich jemanden zum Reden», es ist aber gerade niemand verfügbar. Andererseits will man ja nur etwas reden und nicht gleich eine Freundschaft fürs Leben eingehen. Also ab in die «Ansprechbar» und den passenden Gesprächspartner ausgesucht - nach Sparten und Themenfeldern versteht sich: zum Beispiel «Altersvorsorge», «Nahtoderfahrungen» oder «Spanische Literatur des ausgehenden 18. Jahrhunderts».

Wem der Sinn nach einem Kino-, Theater- oder Tanzabend in Gesellschaft steht oder wer ein Gegenüber für ein Tennismatch, eine Schachpartie sucht, wird sicher in der «Austauschbar» fündig. Um das soziale Gewissen zu beruhigen, mietet man sich für ein paar Stunden einen Kranken in der «Behandelbar» oder einen Senior im Rollstuhl zur Spazierfahrt am Nachmittag. Der plötzlich auftretende Kinderwunsch samt Windelwechsel mit allem Drum und Drin erfüllt sich unmittelbar und unkompliziert in der «Abwaschbar». Wer hingegen den unerklärlichen Drang verspürt, sich von einer pubertierenden 13-Jährigen beschimpfen zu lassen, sollte die «Nerven-Strapazierbar» aufsuchen.

Bei Streitlust empfiehlt sich ein Besuch in der «Unvereinbar». Zum Disput mit einem politischen Gegner geht man indes in die «Unwählbar» - nicht zu verwechseln mit der «Unfehlbar», die amtierenden oder emeritierten Päpsten vorbehalten ist. Gleichgesinnte für eine handfeste Auseinandersetzung warten in der «Barbar», und auf Verständnis an schwierigen Tagen trifft man beim Katerfrühstück in der «Unbrauchbar». Die Autoren dieser Zeitung treffen Sie übrigens in der «Druckbar». Bis bald also, es sei denn, wir sind mal wieder kurz weg - in der «Unsichtbar».

Claudius Jezella

 

Ausleihen statt kaufen

 

Bericht Thuner Tagblatt 09.01.2020 von Marc Imboden

Im Lerchenfeld gibt es seit kurzem eine Leihbar, wo man Dinge ausleihen kann, die man nur selten benutzt.

 

Was haben ein Zelt, eine Bohrmaschine und ein Waffeleisen gemeinsam? Sie werden äusserst selten benutzt und liegen in der restlichen Zeit herum, belegen Stauraum oder setzen Staub an. «Nur 20 Prozent der Gegenstände, die Leute besitzen, sind wirklich im Einsatz», steht auf der Website von Leihbar.ch in Bern. Es handelt sich dabei um ein Projekt des Konsumentenschutzes, das nach folgendem Prinzip funktioniert: Man stöbert online im Sortiment, das in zwölf Bereiche gegliedert ist: von Assistenztechnologie über medizinische Ausrüstung bis Werkzeuge. Dann registriert man sich online und sucht als nächstes die nicht virtuelle Leihbar auf, wo man seinen Jahresbeitrag bezahlt und nach Herzenslust Gegenstände ohne weitere Kosten ausleihen kann.

 

Es begann mit Büchern

Unter dem Namen «Lerchenfeld kostbar» haben Elisabeth und Michael Krayenbühl in der Garage ihres Hauses etwas Ähnliches ins Leben gerufen. «Vor zwei Jahren eröffnete eine Freundin von mir in Burgdorf einen Secondhand-Buchladen und fragte mich nach Büchern, die ich nicht mehr brauche. Das könnte ich doch auch, sagte ich mir, und erhielt schon bald aus einem Nachlass Hunderte Bücher», erinnert sich Elisabeth Krayenbühl an die Anfänge vor rund zwei Jahren. Die Suche nach einem geeigneten Lokal mit einer bezahlbaren Miete gestaltete sich aber schwierig, und so blieb es einstweilen bei der Idee. «Doch im Herbst las ich einen Artikel über die Leihbar in Bern und entschloss mich, meine Bücher mit Alltagsgegenständen zum Ausleihen zu ergänzen und Lesbar und Leihbar vorerst in der Garage und dem Schopf neben unserem Haus am Dählenweg 16 im Lerchenfeld unterzubringen.» Und weil aller guten Dinge bekanntlich drei sind, kam noch Tablar dazu: «Vier Tablare, auf denen Hobbykünstler aus dem Quartier ihre Produkte ausstellen können.»

 

Ausstechen bis Zügelwägeli

Krayenbühls Leihbar umfasst zurzeit rund 90 Artikel, die fast alle aus dem eigenen Haushalt stammen. Da gibt es spezielle Werkzeuge, Gartengeräte, Kabelrollen, Küchenartikel und -geräte. Aufgeführt sind sie im Internet unter www.lerchenfeld-kostbar.ch, wo man sie reservieren und am Dienstag von 18 bis 19 Uhr und am Donnerstag von 14 bis 18.30 Uhr abholen kann. Wer dem Verein Leihbar Lerchenfeld beitritt und den Jahresbeitrag von 50 Franken pro Person oder Haushalt bezahlt, kann von A wie Ausstechformen bis Z wie Zügelwägeli nach Herzenslust ausleihen und den Pool mit eigenen, selten benutzten Gegenständen ergänzen. Im Angebot ist auch ein Schnupperabonnement, das für einen Monat 10 Franken kostet. «Die Leihbar soll zuerst einmal im Quartier funktionieren, wir sind jedoch auch offen für Kunden von ausserhalb. Und das Interesse ist klar vorhanden», sagt Elisabeth Krayenbühl. Falls der Raum in Garage und Schopf zu knapp werden sollte, hat die Kostbar-Gründerin bereits ein anderes Lokal im Auge: «Die alte Post im Lerchenfeld steht seit langem leer und wäre ideal!»

 

Unterstützung von der Stadt

«Wir unterstützen alles, was zur Reduktion des Abfalls beiträgt, also auch die Leihbar im Lerchenfeld», sagt Rachel Neuenschwander, Abfallberaterin der Stadt Thun. «Wenn zum Beispiel Leute in unseren Sammelhof kommen, die ein noch funktionierendes Gerät abgeben möchten, verweisen wir sie an die Leihbar.» Der Stadt fehle die Kapazität, selber eine Leihbar in grösserem Stil aufzuziehen - «auch wenn dies eigentlich wünschenswert wäre im Sinne eines ständigen Bring- und Holtages, den wir zusammen mit den umliegenden Gemeinden regelmässig durchführen», wie Rachel Neuenschwander weiter ausführt. Zur Reduktion des Abfallmenge organisiert die Stadt Thun zudem den Spielzeugflohmarkt von und für Kinder und rief im Herbst 2018 die Aktion Blumentöpfe ins Leben. «In dieser Jahreszeit bringen viel Leute ihre nicht mehr benötigten Blumentöpfe in den Sammelhof. Mit ihrem Einverständnis boten wir die Töpfe gratis an und waren vom Erfolg dieser Aktion sehr überrascht.» Die Stadt kreierte damit eine typische Win-win-Situation: Die einen Leute mussten keine Entsorgungsgebühr bezahlen, die anderen brauchten kein Geld für neue Töpfe auszugeben, und zudem wurde die Umwelt geschont. Die Aktion findet auch in diesem Jahr wieder statt. (mi)

 


Nachhaltiges Miteinander im Lerchenfeld

Bericht Lerchefädere, Nov. 2019

Schon länger hege ich den Wunsch, im Lerchenfeldeinen Secondhand-Bücherladen zu eröffnen. Hintergrund sind meine vielen eigenen Bücher, welche ich nicht einfach entsorgen möchte und das Wissen, dass ich da nicht die Einzige bin. Und natürlich auch, dass es viele Leserinnen und Lesergibt, die immer wieder Nachschub benötigen. Zudem sollte es in diesem Bücherladen auch die Möglichkeit geben, sich mit einem Tee oder Kaffe ein ein Buch zu vertiefen oder mit anderen über diesen und jenen Titel oder Autor zu philosophieren.

Manchmal ist es ja ganz gut, wenn es etwas länger dauert. Inzwischen kam die Idee dazu, Hobbykünstlern und -köchen Tablare zu vermieten, damit sie ihre Produkte innerhalb des Quartiers anbieten können. Und last but not least tauchte die Idee einer Leih-Bar auf.

Doch nun eins nach dem anderen: der Secondhand-Bücherladen feiert Eröffnung am Donnerstag, 28. November von 14 bis 20 Uhr am Dählenweg16, 3603 Thun.

Lasst euch am 28. November zudem überraschen, wie viele Tablare bereits vermietet sind. Gerne dürfen Sie sich ab sofort melden, wenn Sie selbst ein Tablar mieten möchten.

Die Idee der Leih-Bar entstand nach dem Lesen eines Artikels über die Leih-Bar in Bern und dem Bewusstwerden, dass auch in unserem Haushalt Maschinen und Geräte rumstehen, die sehr wenig genutzt werden. Andererseits gibt es auch Geräte, wie zum Beispiel eine Glacemaschine, die ich bis jetzt aus diesen Überlegungen nicht gekauft habe. Geht es Ihnen auch so, dass Sie sich manchmal fragen: Was müssen wir wirklich selbst besitzen und was können wir gut teilen? Wie oft nutzen wir unsere Bohrmaschine? Braucht es in jedem Garten einen Häcksler? Melden Sie sich gerne bei mir, wenn Sie Ihr Waffeleisen, den Kindersitz, das Party-Zelt, das Federballset, ein Kinder-Reisebett, den Fahrradanhänger, den Dampfreiniger und so weiter der Leih-Bar zur Verfügung stellen wollen.

Da bei Redaktionsschluss noch ganz Vieles in Bewegung und Entwicklung war, gibt es auf Facebook«Lerchenfeld kostbar» und im Laden zu diesen drei Angeboten unter einem Dach weitere Infos zu den Öffnungszeiten etc.

Falls Sie Zeit und Lust haben, bei diesem Quartier-Projekt für mehr Nachhaltigkeit und Miteinandermitzuwirken, erhalten Sie Informationen bei Elisabeth Krayenbühl, Dählenweg 16, 3603 Thun, e-Mail: krayenbuehl@bluewin.ch. Gefragt sind Männer und Frauen jeden Alters mit unterschiedlichem Zeitbudget und unterschiedlichen Interessen. Ich freue mich auf Ihre Kontaktaufnahme.